Florett, Degen und Säbel
sind uns sehr vertraut!

Der Berliner Fechterbund e.V. gründete sich am 11. November 1954 und ist Landesfachverband für die 16 Berliner Fechtvereine.

 

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Historisches Fechten

Historisches Fechten

Beim Historischen Fechten werden historische Fechttechniken in ihren überlieferten Ursprungsformen möglichst originalgetreu ausgeübt.

 

Im Berliner Fechterbund sind mit dem Twerchhau e.V. und der SG Bergmann-Borsig zwei Vereine organisiert, die aktuell historisches Fechten in verschiedenen Formen anbieten. Das Historische Fechten wird auch als Wettkampfsport betrieben.

 

Die folgenden Beschreibungen sowie das Bildmaterial verdanken wir Twerchhau e.V.. Die sehr ausführlichen Ausarbeitungen veranschaulichen die Hintergründe und Fechttechniken des heutigen Historischen Fechtens.

Historisches Fechten I - Allgemein

Historisches Fechten

Was ist eigentlich historisches Fechten? Grob gesagt handelt es sich dabei um die Grundlagen für eine bewaffnete Auseinandersetzung, wie sie gelehrt wurden, als die im historischen Fechten verwendeten Waffen noch im Ernstgefecht genutzt wurden und dies keine Seltenheit darstellte. Diese Zeit war zwar hauptsächlich das Mittelalter und die Renaissance, aber auch später kamen beispielsweise Rapier, Säbel, Degen, etc. noch für ernsthafte Auseinandersetzungen zum Einsatz - sei es im Duell oder auf dem Schlachtfeld. Auch das fällt noch in den Bereich des historischen Fechtens, wird jedoch von uns nicht trainiert. So gibt es beim historischen Fechten und dem Sportfechten durchaus Überschneidungen bei den verwendeten Waffengattungen.

 

Das Wort „historisch“ in der Bezeichnung unseres Sports ist eindeutig. Es bezeichnet etwas, das vergangen ist. Das Wort „Fechten“ dagegen ist nicht ganz so eindeutig, da es früher mehr umfasste als heute. Es bezeichnete jeglichen Kampf, der mit Nahkampfwaffen ausgetragen wurde. Worunter natürlich auch Schwert, Degen und Rapier fallen. Aber ebenso der Dolch, das Lange Messer, der Luzerner Hammer, der Spieß und eine Vielzahl weiterer Waffen.

 

Die Informationen, wie man die Waffen handhabt und mit ihnen ficht, gewinnen wir aus mittelalterlichen Handschriften und Drucken der Renaissance. Diese Quellen wurden von Fechtmeistern verfasst und "lehren" die Handhabung der jeweilige Waffengattung, die sie gerade behandeln. Das Älteste von uns verwendete Werk stammt vom Anfang des 14. Jahrhunderts und das jüngste von 1570. Die Aufbereitung des Inhalts ist von Werk zu Werk unterschiedlich. Einige beinhalten nur Text, andere bildliche Darstellungen einer Fechtsituation mit Begleittext und wieder andere verfügen nur über bildliche Darstellungen ohne jeden Text. Die meisten der Schriften umfassen Anweisungen für verschiedene Waffen. So befinden sich zum Beispiel in den Schriften von Hans Talhoffer Anweisungen für das Lange Schwert, den Dolch, das Ringen, das Lange Messer und den Luzerner Hammer. Sowohl im Harnisch (Rüstung) als auch für das Bloßfechten (ohne Körperschutz). Die Werke, die nur ein Waffensystem beschreiben, wie das I.33, welches das Fechten mit Schwert und Buckler behandelt, stellen eher die Ausnahme dar.

 

Lange Zeit standen diese Werke in Bibliotheken und wurden von niemandem beachtet. Bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts ein paar Enthusiasten die ersten Fechthandschriften entdeckten und begannen, damit zu arbeiten. Bis heute sind etwa 80 dieser Handschriften entdeckt worden und es werden immer wieder welche in Bibliotheken und Archiven „gefunden“. Der überwiegende Teil der Schriften stammt aus dem deutschsprachigen Raum, ein paar andere aus Italien, Spanien, Frankreich und anderen Ländern.

 

Es dauerte gar nicht lange und die Schar der Enthusiasten, die sich mit den Fechthandschriften beschäftigten, wuchs - es entstanden erste Gruppierungen und Vereine. Man begann, sich national und international zu vernetzen und es wurde in Foren diskutiert und auf Treffen probiert, um die überlieferten Fechtsysteme zu rekonstruieren.

 

So war die Anfangszeit des historischen Fechtens vor allem von Rekonstruktionsarbeit geprägt. Man versuchte heraus zu bekommen, was einem die Autoren der Fechtbücher genau mitteilen wollten. Das hört sich jetzt etwas komisch an, weshalb ich ein paar Beispiele geben möchte, was das Verstehen dieser Werke so schwer macht. In der Regel wenden sich die Schriften an den erfahrenen Fechter. Grundlagen, wie Schrittarbeit, die Ausführung eines Haus oder Versatzes, werden in ihnen nicht gelehrt. Denn das kann ja jeder - so die damalige Sichtweise. Was vermutlich auch den Tatsachen entsprach. Betrachten wir die städtische Aufgebotspflicht, die Verpflichtung der Bauern zum Wehrdienst, die Gefahren auf Reisen etc., wird ersichtlich, dass dies einfach notwendig war. Natürlich war die Kunstfertigkeit des Fechtens bei den Leuten sehr unterschiedlich ausgeprägt und reichte von rudimentär bis zu meisterhaft. Aber ein gewisses Grundverständnis des Fechthandwerks war sehr verbreitet. Weshalb das in den Fechtbücher nicht erklärt werden musste.

 

Die in den Schriften enthaltenen Anweisungen sind eher knapp gehalten. Die meiste Information bieten nach meiner Sicht die Fechtbücher, die nur Text beinhalten, da hier die Beschreibungen in der Regel am ausführlichsten gehalten sind, wobei „ausführlich“ relativ ist. Bei den Fechtbüchern, welche Abbildungen enthalten, ergibt sich das Problem, dass der komplexe Bewegungsablauf einer ganzen Technik in einer einzigen Abbildung festgehalten wurde. Noch dazu darf man diesen Abbildungen nicht blind vertrauen, da sie teilweise in idealisierter Form dargestellt sind. So ist beispielshalber die zweite Hand beim Dolchfechten stets auf dem Rücken oder zumindest weit hinten dargestellt. In einem Gefecht muss sich diese jedoch stets mit vorn befinden, um einen gegnerischen Angriff abwehren zu können. Dies ist wahrscheinlich dem Umstand geschuldet, dass diese zweite Hand die gerade erklärte Technik teilweise verdecken würde, weshalb sie einfach „aus dem Weg geräumt“ wurde.

 

Etwas einfacher wird es, wenn zu der Abbildung auch noch ein Begleittext vorhanden ist, obwohl dieser oft sehr kurz gehalten ist und sich zum Beispiel auf ein "für den Obern Stich" reduziert. Darüber hinaus hat sich unsere Sprache verändert. Zwar sind die meisten Fechtbücher in Deutsch verfasst, so dass man sie mit etwas Übung lesen und auch verstehen kann, doch besteht die Schwierigkeit in der Bedeutung der Worte. Denn diese haben sich in ihrer Bedeutung verändert, wie man beispielsweise an den Worten Vorschlag (der erste Hau in einem Gefecht), Nachschlag (ein weiterer Hau) und Handarbeit (das Fechten aus der Bindung) sieht.

 

Die Rekonstruktionsphase ist inzwischen ziemlich abgeschlossen. Natürlich wird noch an Feinheiten gearbeitet, werden neue Ideen eingebracht und neu entdeckte Schriften rekonstruiert. Aber im Großen und Ganzen ist die Rekonstruktionsarbeit inzwischen soweit abgeschlossen, dass wir komplette und fechtbare Systeme haben, die wir trainieren können und in denen Wettkämpfe veranstaltet werden.

 

Abschließend könnte man sagen, dass wir uns im historischen Fechten bemühen, diese Fechtkünste zu bewahren und daraus, ohne sie zu verändern, einen fechtbaren Sport machen. Was, wie ich denke, auch recht gut gelungen ist. Natürlich gibt es noch einiges zu tun, aber wir sind schon sehr weit gekommen und befinden uns auf einem guten Weg.

 

von Clemens Nimscholz

Historisches Fechten II - Das Fechten mit dem Dolch

Dolch

 

Dolch

Der Dolch war eine Alltagswaffe, jeder der etwas auf sich hielt, das zeigen wollte und es sich leisten konnte trug ihn. Dementsprechend gibt es Dolche qualitativ sehr unterschiedlicher Machart. Die Spanne reicht von Prunkwaffe bis behelfsmäßig montiert. Wer selbst dafür zu arm war, trug zumindest ein kurzes Messer.

 

Um Verletzungen zu vermeiden verwenden wir für das Training Dolchsimulatoren. Die von uns beim Training verwendeten Dolchsimulatoren sollen Scheiben-, und Nierendolche simulieren. Die Originaldolche verfügten oft über einen schneidelosen, drei-, oder vierkantigen Klingenkorpus. Viele Dolche verfügten aber auch über eine ein- oder zweischneidige Klinge und es gab sogar Mischformen, bei denen ein Teil der Klinge kantig war und der Rest der Klinge über eine Schneide verfügte. Im Durchschnitt hatten diese Dolche eine Länge von 20 bis 40 Zentimeter. In den alten Fechtbüchern wird in den meisten Fällen ein Dolch mit einem kantigen Klingenkorpus behandelt. Es wird jedoch darauf hingewiesen das die Stücke (so nennen wir die Techniken, die gelegentlich auch noch Gegenmaßnahmen und wiederum Gegenmaßnahmen beinhalten) auch mit dem kurzen Messer anwendbar sind. Der Dolch ist vor allem eine Stichwaffe, aber je nach Beschaffenheit werden auch Schnitte und Knaufstöße mit dem Dolch ausgeführt. Um den Eigenschaften, aber auch den Beschränkungen der Waffe gerecht zu werden verwenden wir im Training verschiedene Dolchsimulatoren. Die entweder einen Dolch ohne Schneide, oder einen mit Schneide simulieren. Dabei verwenden wir für das reine Techniktraining Holzdolche, gepolsterte Simulatoren mit Holzkern für den gesteigerten Kontakt, und Stoffdolche für das Freigefecht.

 

Da wir beim Dolchfechten eine Waffe in der Hand haben wollen wir diese natürlich auch verwenden und den Gegner mit eben dieser attackieren. Wobei, wie oben schon erwähnt, vor allem Stiche, aber auch Schnitte und Schläge mit dem Knauf ausgeführt werden. Da sich die Fechter bei einem Gefecht mit dem Dolch jedoch sehr nahe kommen, verfügt das Dolchfechten über einen sehr hohen Anteil an Ringtechniken. Weshalb das Dolchfechten auch als Ringen am Dolch bezeichnet wird. Ebenso wie der Begriff Fechten ehemals mehr umfasste als er es heute tut, verhält es sich auch mit dem Ringen. Es hatte nur wenig mit dem griechisch-römischen Ringen gemeinsam. Statt dessen handelte es sich dabei um eine waffenlose Kampfform, die als Grundschule für alle Waffenkünste galt.

 

Dementsprechend behandelt das Dolchtraining den Kampf zweier, mit einem Dolch bewaffneter, Kontrahenten, bzw. eines bewaffneten und eines unbewaffneten. Inhaltlich wird dabei die Arbeit mit dem Dolch trainiert. Mit ihm zu attackieren, sowohl mit der Klinge als auch mit dem Knauf, als auch die gegnerischen Angriffe mit ihm zu versetzen (parieren), in einer Aktion den gegnerischen Angriff zu verdrängen und selbst attackieren oder aber den Angreifer zu entwaffnen.

 

Da man dem Gegenüber beim Versetzen sehr nahe kommt, ergeben sich daraus oft Gelegenheiten zum Ringen, was das anbringen von Arm- und Beinhebeln, Armbrüchen, Schlägen und Tritten, sowie Würfen erlaubt. Was deshalb ebenso Bestandteil des Trainings ist, wie die dafür nötige Fallschule.

 

Um die körperlichen Voraussetzungen zum Bestehen eines Gefechts mit dem Dolch zu erlangen, beinhaltet das Training außer dem bloßen Üben der Techniken, auch einen hohen Anteil an Übungen zur Steigerung der Schnelligkeit, der Kraft im Allgemeinen und der Kondition.

 

von Clemens Nimscholz

Historisches Fechten III - Das Fechten mit dem Messer

Messer

 

Messer

Das Messer, auch Langes Messer genannt, war die Waffe des Bürgers im 15. Jahrhundert. Später entwickelte sich aus ihm das Rapier. Sieht man sich ein Messer an, ist man versucht, es als Schwert zu bezeichnen. Als Messer wird es deshalb bezeichnet, weil es zum einen über einen Griffteil verfügt, der im Gegensatz zu einem Schwert aus zwei vernieteten Griffschalen gebildet wird, die aus Holz oder Geweih bestehen und zum anderen über eine einschneidige Klinge. Viele Messer verfügen jedoch im vorderen Bereich des Klingenrückens über eine kurze, etwa zehn Zentimeter lange Schneide. Dem sogenannten Hecht.

 

Charakteristisch für ein Messer ist der Wehrnagel. Bei ihm handelt es sich um einen kurzen Bügel verschiedenster Ausformung, der die Waffenhand von oben schützt und sich am oberen Teil des Griffstückes auf der rechten Klingenseite befindet. Beim Messer handelt es sich um eine einhändig zu führende Hieb- und Stichwaffe, die im Angriff einen ordentlichen Druck aufbaut, aufgrund ihrer Kürze jedoch gleichzeitig schnell und wendig ist. Hauptsächlich werden mit ihr Haue, Stiche und Schnitte ausgeführt. Aber auch der Knauf wird verwendet, sowohl zum schlagen als auch um sich damit beispielsweise am gegnerischen Arm einzuhaken, um diesen so zu kontrollieren.

 

Auch im Training mit dem Messer verwenden wir für das Training Simulatoren, die in ihren Eigenschaften in etwa denen der Originale entsprechen und dementsprechend eine durchschnittliche Länge von etwa 85 - 92 Zentimetern und ein Gewicht zwischen etwa 800 - 1200 Gramm haben - nur das sie über einen abgerundeten Ort (die Klingenspitze) und über eine stumpfe, abgeflachte "Schneide" verfügen.

 

Im Training kommen zwei verschiedene Arten von Messersimulatoren zum Einsatz. Für das reine Techniktraining verwenden wir Simulatoren mit einer starren Stahlklinge. Da die mit einer starren Klinge ausgeführten Stiche in einem Freigefecht trotz Schutzkleidung ein sehr hohes Verletzungspotential haben, wurden speziell für das Freigefecht sogenannte Fechtfedern entwickelt. Diese sind im allgemeinen etwas schmaler im Klingenprofil und die Klinge ist im vorderen Bereich biegsam. Sodas die Klinge sich bei einem kräftig ausgeführten Stich durchbiegt, um so Verletzungen zu vermeiden.

 

Fechterisch beinhaltet das Fechten mit dem Messer natürlich Haue, Schnitte und Stiche sowie deren Versätze. Wobei die einzelnen Stücke die uns von Johannes Lecküchner, (der übrigens Pfarrer war) hinterlassen wurden, aus umfangreichen Komplexen bestehen, die eine Vielzahl an Gegenmaßnahmen und weiterführenden Möglichkeiten zu jedem gerade behandelten Hau oder Stich aufzeigen.

 

Der größte Ausdruck von Fechtkunst zeigt sich beim Fechten mit dem Messer, wie auch in allen anderen Waffengattungen im "Indes". Das heißt in Fechtaktionen bei denen in einer Aktion ein Angriff neutralisiert, und gleichzeitig ein Gegenangriff ausgeführt wird. Außer den Hauen, Schnitten und Stichen beinhaltet das Messerfechten auch Entwaffnungen und eine große Anzahl von Ringen am Messer, das vor allem Armbrüche, Entwaffnungen und Würfe beinhaltet.

 

von Clemens Nimscholz

Historisches Fechten IV - Das Fechten mit Schwert und Buckler

Schwert-Buckler

 

Schwert-Buckler

Dieser Informationstext soll Interessierten als ein kleiner Einblick in das „Schwert‐und Bucklertraining“ des Twerchhau e. V. dienen. Dabei gehe ich in dem ersten Abschnitt kurz auf den Terminus des „Bucklerfechtens“ und dessen heutige Rekonstruktion ein; für weitergehende Informationen sei auf den Artikel „Bucklerfechten“ auf unserer Seite www.twerchhau.de verwiesen. Im zweiten Textabschnitt informiere ich über die von uns im Training verwendeten (Waffen-) Simulatoren, welchem ein Einblick in unseren Trainingsablauf folgt.

 

Einsteiger werden sich fragen: Was ist Bucklerfechten überhaupt? Es ist der Kampf mit einem Einhandschwert und einem ca. 20‐40 cm großen Faustschild, welcher auch Buckler genannt wird. Ungefähr vom 13. bis zum 17. Jahrhundert in Gebrauch, basiert die heutige Rekonstruktion auf der Fechthandschrift I33. Bucklerfechten ist ein Bindungsfechten: Das bedeutet, dass zunächst in eine Bindung der beiden Schwerter geschlagen wird (Klinge an Klinge). Ist das gegnerische Schwert gebunden, kann weiter zum Gegner gearbeitet werden.

 

Im Training benutzen wir I33‐taugliche Einhandschwerter. Für die ersten Trainingswochen stellt der Verein Schwerter aus Nylon. Will man mit Stahl üben, muss man sich selbst eines kaufen, ebenso wie die dazugehörige Schutzausrüstung.

 

 

Einst wurde mit Bucklern unterschiedlicher Materialien (Holz oder Metall) und zahlreichen Formvariationen gekämpft ‐ dabei dient der Buckler kaum der eigenen Verteidigung, ist er doch viel zu klein, den gesamten Körper zu decken. Sein Hauptverwendungszweck liegt größtenteils in der Beherrschung des 'Zentrums', das den Raum zwischen zwei Kämpfenden beschreibt, der überwunden werden muss, will man auf kürzestem und schnellsten Wege mit der eigenen Klinge zum Gegner gelangen. Ist dieses Zentrum von einem Fechter besetzt, muss der andere um es herum arbeiten, verliert Zeit und gerät in eine nachteilige Situation.

 

Im Training nutzen wir einen hölzernen Buckler mit einem eisernen Schildbuckel.

 

Schwert und Buckler werden zu Beginn einer Trainingseinheit nur für die Begrüßung benötigt und danach wieder beiseitegelegt. Erst widmen wir uns den Fechtschritten, der Basis jeglichen Schwertkampfes. Darauf folgt eine Übung im Bereich der Bucklerschläge, mit dem Ziel, diese auch gut im Freikampf verwenden zu können. Bucklerschläge dienen unter anderem der Beherrschung des Zentrums, können aber auch aktiv gegen den Gegner verwendet werden, indem sie in naher Distanz dem Gegner gegen den Kopf geschlagen werden können.

 

Erst dann gehen wir zu dem Einstudieren der Fechtstücke des I33 über, was wir durch nicht abgesprochenes Durchführen oder Unterlassen von Gegenmaßnahmen im Schwierigkeitsgrad variieren: Mal unterlasse ich meine Verteidigungsreaktion, um zu sehen, ob der Angriff meines Gegenübers mich gefährdet hätte; ein andermal versetzte ich jeden Angriff, um die verschiedenen Aktionen flüssiger miteinander zu verbinden. Ist dieser Teil geschafft, beginnt das Zeitlupenfechten, eine auf gute Ausführung der Technik bedachte Vorbereitung auf den Freikampf. Das Training endet mit der gemeinsamen Verabschiedung aller Teilnehmenden.

 

von Clemens Nimscholz

Historisches Fechten V - Das Fechten mit dem Langen Schwert

Langes Schwert

 

Langes Schwert

Das „Lange Schwert“ ist die wohl beliebteste Disziplin im historischen Fechten und erfreut sich einer stetig wachsenden Zahl an Trainerenden. Einen großen Anteil daran hat sicherlich die Faszination die viele für diese Waffe hegen. Aus Märchen, mittelalterlichen Sagen und Filmen ist uns das adlige Lange Schwert als mächtiges Symbol von Recht und Ritterlichkeit bekannt und obwohl uns bewusst ist, dass jenes „romantische Mittelalter-Bild“ nicht existierte, prägt es uns doch und führt manchen zum Fechten.

 

Eher pragmatisch klingt dagegen die Erklärung, den Erfolg der Disziplin in der Tatsache zu suchen, dass das „Lange Schwert“ eine der ersten Waffen war, mit der sich das historische Fechten eingehend beschäftigte. So liegen inzwischen zu fast allen Techniken aus verschiedenen Fechtbüchern brauchbare Interpretationen vor, die ein umfangreiches Training ermöglichen.

 

Doch was erwartet einen Einsteiger, der das erste Mal eine solche Klinge in die Hand nimmt, was unterscheidet das Lange Schwert von anderen Disziplinen und wie wird es trainiert?

 

Beim Blick auf die 1,20 m bis 1,30 m langen Schwerter vermutet man meist ein hohes Gewicht und in der Tat wiegt ein Langes Schwert wesentlich mehr als ein Säbel, Degen oder Florett, doch sobald die zweischneidige Klinge in beiden Händen liegt, verteilt sich die übliche Last von 1,3 kg bis 1,8 kg recht gut auf Arme und Schultern und der klotzige erste Eindruck verfliegt.

 

Neben den raumeinnehmenden Dimensionen ist die beidhändige Führung einer der wesentlichen Merkmale des Langen Schwertes. Zwar kann nun kein Schild mehr gefasst werden, dafür ermöglicht diese Griffart jedoch eine bessere Beschleunigung, Kraftübertragung und Kontrolle des Schwertes. Den nötigen Schutz findet der Fechter hinter seiner Klinge, die er zwischen sich und die angreifende Waffe stellt. Bei diesem Abschirmen ist die Länge sehr hilfreich, so kann sich der ungerüstete Träger beim Bloßfechten vor kräftigen Schlägen unter seiner Wehr komplett decken.

 

Wer nun denkt, im Langen Schwert ist der stärkere Schlag entscheidend, der irrt. Zwar sind kräftige, aus dem ganzen Körper kommende Häue von oben wie unten zentrale Elemente des Fechtsystems, doch führen vielfältige Hand- und Armpositionen zu diversen Techniken, die das Auffangen oder Umleiten eines kräftigen Schlages mit der eigene Klinge ermöglichen und umgehend in einen Gegenschlag, einen Schnitt oder in einen Contra-Stich verwandeln können.

 

Es ist eben diese Vielfalt, aus Schlag, Schnitt und Stich sowie spezifischer Aktionen aus dem Kontakt der Schwerter, die zur Faszination beiträgt und für das Spiel der Klingen, der eigentlichen Kunst des Langen Schwertes, sorgt.

 

Die Komplexität des Systems ist damit jedoch nicht geschlossen, denn bei der richtigen Entfernung zum Gegner stehen dem Fechter eine Fülle an Ringtechniken zur Verfügung. So kann die Waffe selbst zum Hebeln, wie Reißen an Gelenken und Extremitäten, eingesetzt werden. Ebenso ist es Bestandteil, eine Hand vom Griff zu lösen um den Gegenüber greifen, zerren oder schieben zu können und diesen schließlich zu Boden zu werfen. In aussichtslosen Situationen ist selbst die Aufgabe der eigenen Waffe eine Option, um im Ringen mit zwei freien Händen den Wettstreit für sich zu entscheiden. So ein Gefecht endet nicht selten unbewaffnet am Boden.

 

Im Training stellt diese hohe Variabilität an Techniken eine große Herausforderung dar. Zunächst wird daher in einem Grundlagentraining an Hand wesentlicher Bestandteile wie: stabilem Stand, Schrittarbeit, Griffmöglichkeiten der Waffe, Schlag- und Stichübungen und dem Gefühl für Raum, Distanz und Druck ein allgemeines Verständnis für typische Bewegungsformen gebildet. Ein weiterführendes Training befasst sich dann eingehender mit komplexeren Techniken und deren genauer Wirkungsweise, wobei bereits öfter eine zweikampfähnliche Situation in den Übungen erzeugt wird. In der dritten fortgeschrittenen Trainingseinheit werden die Sportler für Freikämpfe und Turniere geschult. Hier geht es verstärkt um taktisches Verhalten und das Umsetzen der gelernten Bewegungen in Wettkampf-Situationen sowie um die Anpassung des Körpers an das spezifische Belastungsprofil der Kämpfe.

 

Inzwischen stehen dem ambitioniertem Sportler in der Disziplin Langes Schwert verschiedene nationale und internationale Turniere zur Auswahl, um sich mit anderen Athleten zu messen. Auf diesem Gebiet stellen die Erarbeitung einheitlicher und brauchbarer Regeln sowie die Verbesserung der Schutzausrüstung die größten Aufgaben der nächsten Jahre dar. Dabei helfen uns die Erfahrung, die bei vereinsinternen sowie auswärtigen Veranstaltungen gesammelt werden konnten, um unseren Beitrag bei der Beantwortung diesen Fragen zu leisten.

 

Die Zukunft bleibt spannend und wir freuen uns auf neue Interessierte, die mit uns den Weg beschreiten und lehrreiche Kämpfe ausfechten wollen.

 

von Benjamin Zuckschwerdt

Der Berliner Fechtbund
ist Inklusiv

 

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